
(Werbung wegen Titelnennung)
Eigentlich wollte ich zu Ostern etwas schreiben. Doch ich war krank. Dann dachte ich, ich könnte einfach mal weiter machen mit Vers 49 – fällt ja nicht auf! Aber mir fällt es auf, dass ich mich als evangelische Christin um genau den Teilvers drücken möchte, der meine eigene Überzeugung hinterfragt. Dieser Vers wird oft begründet, warum zu Maria gebetet werden kann.
Erfahrungsgemäß komme ich über kurz oder lang auf dasselbe Problem zurück, also kann ich auch gleich mich damit beschäftigen.
Bekanntlich kann man Denk-Prozesse nur gewinnen! Also los: Was steht hier genau?
Wenn ich in meiner Studienbibel nachlese, dann finde ich bei „glücklich preisen“ den Hinweis, dass hier das griechische Verb μακαρίζα – makariza steht. Es kann übersetzt werden mit „als von Gott erfüllt und gesegnet und damit völlig zufrieden“.
Maria war also „von Gott erfüllt und gesegnet und damit völlig zufrieden“. Es muss für sie ein erhebender Moment gewesen sein. Nachdem sie diese besondere Gottes-Berührung erlebt hat und anschließend von ihrer Verwandten bestätigt bekommen hat, dass das kein Traum oder Einbildung war, konnte sie nur Gott anbeten.
Was ist dieser Frau nur passiert? Kann jemand auch nur im Ansatz begreifen, was für ein besonderes Vorrecht Maria hatte? Als Charismatikerin habe ich schon Einiges erlebt. „Im Geist ruhen“ oder „im Geist lachen“ habe ich schon erfahren. Auch habe ich mich ein wenig mit Mystikerinnen beschäftigt z. B. Theresa von Avila oder Mechthild von Magdeburg. Aber, schwanger vom Heiligen Geist? Das ist eine ganz andere Hausnummer! Maria hat ohne Frage die höchste Berufung erfahren. Es wird darüber diskutiert, ob sie ihr Leben lang Jungfrau geblieben ist. Dogmatiker suchen nach Beweisen und Gegenbeweisen. Aber wurde in all den Diskussionen einmal drüber nachgedacht, ob Maria überhaupt noch die Ehe mit Josef vollziehen konnte bzw. wollte? Sie wurde vom Heiligen Geist überschattet. Wie immer man sich das vorstellen kann, es war ein heiliges Erlebnis. Kann es nicht einfach sein, dass sie dermaßen davon beeindruckt war, dass jede sexuell konnotierte Intimität ein fader Abklatsch war?
In der heutigen Zeit vergessen wir, dass Sex wesentlich mehr ist, als Vergnügen, Entspannung usw., sondern ein sich verschenken und hingeben. Das bedeutet, dass beide Partner sehr viel Vertrauen ineinander investieren. – gut, das ist heute oft nicht so. Aber ursprünglich war das so gemeint.
Im Wikipedia-Artikel wird „heilig“ mit „einer Sphäre des Göttlichen, Vollkommenen oder Absoluten angehörig“ übersetzt. Wenn man aber bei Maria von einer Hingabe sprechen kann („Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort!“ – Lukas 1, 38), dann ist sie in diesem Sinne heilig. Ich kenne mich mit Marien-Dogmen nicht aus, es klingt aber einleuchtend, dass bis heute Maria, „als von Gott erfüllt und gesegnet und damit völlig zufrieden“ angesehen wird.
Spannend an den Absatz über μακαρίζα – makariza, finde ich den Verweis auf μακάριος – makarios. Dieses Wort findet sich in den Seligpreisungen. Jesus preist glückselig: die geistlich Armen, die Trauernden, die Sanftmütigen, die nach Gerechtigkeit hungernden, die Barmherzigen und die, die reinen Herzens sind (Matthäus 5, 2 -11) Jesus betet nicht zu den Sanftmütigen, den Barmherzigen und nach Gerechtigkeit dürstenden. Er sagt, dass sie diejenigen sind, die „völlige Zufriedenheit“ besitzen.
„Makarios dagegen ist jmd., den Gott nicht durch günstige Umstände glücklich macht, sondern auf Zeit und Ewigkeit völlig zufriedengestellt, indem er durch Christus und den Heiligen Geist in ihm Wohnung nimmt und ihn in seine ewige Gemeinschaft aufnimmt. Makarios zu sein bedeutet, zum Reich Gottes zu gehören, das auch sichtbar werden wird. …Deshalb bezeichnet makarios den Zustand, in dem man zwar noch in der Welt, aber von ihr unabhängig ist; man ist ganz von Gott abhängig, der schon jetzt und dann einmal endgültig allen Mangel ausfüllt, und nicht von den Umständen.“ ( Elberfelder Studienbibel mit Sprachschlüssel und Handkonkordanz⁸, SCM R. Brockhaus, Dillenburg, 20212., Artikel zu „μακάριος – makarios“)
Wenn ich also jemanden glückselig preise, dann bete ich ihn nicht an. Dann sage ich damit nur, dass er völlige Zufriedenheit besitzt. Ich sehe in Lukas 1,48 nicht die Aufforderung, zu Maria zu beten.
Aber: Ich kann und darf anerkennen, dass sie eine ganz besondere Berufung hatte. In früheren Inputs habe ich geschrieben, dass sie mit Mose und Jesaja in eine Reihe zu sehen ist. Ich denke, sie ist außerhalb einer Reihe zu stellen. Ihre Berufung ist einfach nur einmalig. Das bringt ja diese Berufung mit sich.
Ja, Maria ist glückselig zu preisen. Man kann nicht genug anerkennen, was sie für uns Menschen getan hat. Doch steht sie nicht mit Gott auf einer Stufe. Jesus hat die Menschheit erlöst und eine Frau hat ihn geboren. Das klingt absurd und wäre allein einen Input wert. Aber vielleicht hat all die Unterdrückung von uns Frauen ihre Wurzel genau in diesem Glaubenssatz: eine Frau hat den Sohn Gottes auf diese Welt gebracht. Mose war Leiter seines Volkes, Jesaja sein Prophet, aber Maria hat ihre Berufung durch ihr Mutter werden und sein erfüllt.
Paulus hat Adam und Jesus miteinander verglichen und Händel hat es vertont: „Since by man came death,by man came also the resurrection of the dead“( „Kam durch einen Tod, so kam durch Einen die Auferstehung vom Tod“, Händel, The Messiah – Na toll, jetzt habe ich einen Ohrwurm.) Aber man kann auch Eva mit Maria vergleichen! – Wer jetzt aus Evas Sündenfall einen Grund für die Unterdrückung der Frau basteln möchte, dem sei gesagt: Eva war einer Macht, dem Satan selbst ausgesetzt! Adam hat noch nicht einmal seiner eigenen Frau standgehalten!
Während Eva durch ihren Ungehorsam der Menschheit die Trennung von Gott brachte, bringt Maria mit ihrem Gehorsam die Voraussetzung für die Versöhnung mit Gott!
Amen.