Vor einigen Tagen lag das Programm einer VHS in meinem Briefkasten. Ich schaute gleich nach, ob meine Seminare und Vorträge auch abgedruckt waren. In einem Vortrag, den ich anbiete, geht es um altägyptische Legenden, Lebenslehren und Märchen. Ich habe am Ende des Programmtextes geschrieben: „Für Kinder nicht geeignet!“ Einige der Göttergeschichten, die ich erzählen möchte, sind nicht jugendfrei. Wer sich ein wenig mit altgriechischen und altrömischen Mythologien auskennt – so in etwa.
Was ist das für eine Aussage über eine Gesellschaft, wenn ihre Göttergeschichten, an die diese doch glaubte, nicht jugendfrei sind? Wenn die Götter selbst aus Eifersucht morden, lügen und betrügen, wie weit her ist es dann mit der Moral?
Nun gut, im Alten Testament gibt es so Einiges, was nicht als Gute-Nacht-Geschichte geeignet ist. Aber es gibt keine Geschichten, in denen es so hergeht, wie in den benannten Mythologien. Ja, Maria wurde vom Heiligen Geist überschattet. Aber er nahm sich nicht einfach mal auch noch Marias Schwester (wenn es sie denn gab). Jesus ging auch nicht mit dem Messer aus Eifersucht auf jemanden los oder tat sonst etwas Ähnliches, aus „niederen Beweggründen“.
Der Gott der Christen handelt an und mit den Menschen aus Liebe, auch wenn es beim ersten Lesen sich nicht immer so darstellt. Es geht ihn um eine Beziehung. Jesus handelt für den Menschen, nicht gegen ihn.
Auch das ist der Unterschied zu den Göttergeschichten: Sie eignen sich hervorragend für einen launigen Kaminabend. Man lauscht ihnen und gruselt sich ein wenig. Doch wenn man Trost sucht oder Rat, dann findet man diesen nicht in ihnen.
Mir ist während meines Studiums der Ägyptologie kein Text über den Weg gelaufen, der mich in schwierigen Zeiten trösten könnte. Ja, die Lebenslehren, da ist Einiges dabei, was mir hilft, mich im Alltag richtig zu verhalten, aber es gibt kein Papyrus, keinen Sargtext oder anderes, der mich wie einen Psalm tröstet.
„Nähme ich Flügel der Morgenröte und ließe mich nieder am äußersten Ende des Meeres, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten!“ (Psalm 139, 9 und 10) – Gott ist da, selbst wenn ich mich vor ihm verstecken möchte.
Ganz anders dagegen, die Geschichte von der Himmelkuh im Alten Ägypten: Nachdem die Menschen sich gegen den Sonnengott Re aufgelehnt haben und er daraufhin einen Teil der Menschheit ausgelöscht hat, resigniert er und lässt sich, nachdem er auf die himmlische Herrschaft verzichtet hat, auf dem Rücken der Himmelskuh emportragen. Nach seiner ständigen Anwesenheit auf der Erde, wird es nun zum ersten Mal finster auf der Erde und der Wechsel von Tag und Nacht beginnt. Die Menschen verlieren in der Dunkelheit die Orientierung und beginnen sich zu streiten.
Im jüdisch-christlichen Glauben stellt sich Gott als Jahwe, als „Ich bin da!“ vor. In der erwähnten alt-ägyptischen Geschichte bleibt der Mensch verlassen und orientierungslos zurück.
Während die Göttergeschichten nicht jugendfrei sind, sagt Jesus „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehrt ihnen nicht!“ (Markus 10, 14) Es gibt erstaunliche Unterschiede.
Was ist das nur für ein Gott, der immer wieder neu mit den Menschen anfängt? Wer das Alte Testament liest, kann gerne zählen, wie oft Gott mit den Menschen einen Bund schließt oder diesen erneuert.
Im Neuen Testament wird dann noch ein Bund geschlossen: „Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“ (Lukas 22, 20) – Im Abendmahl wird an diesen Bund erinnert. Ob es uns immer bewusst ist, was für ein starkes Bündnis das ist? Denken wir daran, dass wir einen starken Bündnispartner haben?
Es ist das Bündnis mit einem Gott, der eben nicht die Grenzen seiner Macht spürt und deswegen auf einer Kuh reitet. Es ist der Bund mit dem Gott, der diesen Bund mit SEINEM Blut besiegelt. Es ist der Gott, der die Kinder zu sich kommen lässt und uns auffordert, wie sie zu werden. (Markus10,15)
Ein Gott, der uns einlädt, von ihm zu lernen: „Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ (Matth. 11,29)
Dieser Gott ist nicht nur für Kinder geeignet, sondern für dich und mich.
Amen.
6 Antworten zu „„Für Kinder nicht geeignet!“”.
Der große Hymnus des Echnaton (Amenhotep IV.) gewidmet dem Sonnengott Aton und der Psalm 104 im Alten Testament weisen Ähnlichkeiten auf. Die Bücher Moses haben ihren Ursprung im ägyptischen Glauben. Eigentlich ist die Bibel und besonders das Alte Testament für Kinder eher ungeeignet. Hier wird ein Frauenbild weitergetragen, das den Verhältnissen in z. B. Afghanistan ähnlich ist. Auch im Neuen Testament hatten Frauen nichts zu sagen. Die Jünger regten sich auf, wenn sie anwesend waren. Das Sexualleben war verpönt und die Schuld daran trugen wieder mal die Frauen. Wenn ich lese „Maria wurde von Heiligen Geist überschattet“, dreht sich mir der Magen rum. Die Bibelschreiber waren dem Papst untertänig und die Priester machen heute noch was irgendwann einmal aufs Papier gebracht worden ist. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind tatsächlich der eine und einzige Schöpfergott, der sich noch nie von den Menschen abgewandt hat. Er schuf alles und es war gut!
Der gekreuzigte Jesus, der heute noch in den Kirchen und Wohnstuben hängt, ist sicherlich für Kinder ungeeignet. LG Gisela
Liebe Gisela,
Päpste gibt es etwa ab dem 4. Jahrhundert nach Christus (die davor sind eher Legende als Realität, und zu sagen hatten Bischöfe Roms auch nur in ihrer Diözese), während die biblischen Schriften mit dem Beginn des 2. Jahrhunderts nach Christus abgeschlossen sind. Teile der Bibel sind noch 1000 Jahre älter. Wie Autoren einem Amt hörig sein können, das erst hunderte Jahre nach ihrem Tod aufkommt, würde mich brennend interessieren.
Lieber Wolfram,
Jesus selbst hat seine Lebensgeschichte nicht aufgeschrieben. Er hat weder weitere Schriften hinterlassen noch gibt es überlieferte Augenzeugenberichte. Frühestens 30 Jahre nach dem Tode Jesu wurde mit der Niederschrift der Evangelien begonnen. Bis dahin hat man die Geschichte Jesu mündlich überliefert.
Der mittlerweile heiliggesprochene Hieronymus war Werkzeug des Papstes Damasus I., der ihn zu seinem Sekretär machte, der selbstverständlich gehorchen musste, auch wenn es Hieronymus nicht gefiel. Dieser hatte sich in vielen asketischen Jahren zunehmend in theologische Werke vertieft, machte Abschriften, verfasste Briefe und lernte Hebräisch. Im Jahre 379 wurde er zum Priester geweiht und kehrte dann nach Rom zurück. Dort übersetzte er im Auftrag des Papstes die Bibel ins Lateinische. Diese Texte, die sogenannte „Vulgata“, sind immer noch für die Katholische Kirche verbindlich. Bis vor einigen Jahren kamen ungetaufte Kinder in die Hölle; daraus wurde dann Anfang der 50er Jahre die Vorhölle, was nicht weniger schauderhaft ist.
Alles in allem: Kirchen zeigen die schauderhafte Wahrheit.
Sehr interessant, auch wenn man die Gemeinschaft nicht mag.
Noch einmal: Was können Ansichten von Menschen des 4. nachchristlichen Jahrhunderts für einen Einfluß auf die Verfasser im ersten nachchristlichen Jahrhundert haben, oder auch noch bis tausend Jahre älter?
Die Behauptung ist so abenteuerlich, als hätte Bonaparte Heinrich nach Canossa geschickt.
Da scheinst Du ziemlich durcheinander zu sein. Das Alte Testament ist älter und die Legendenschreiber des Neuen Testamentes haben sich in ihren Schilderungen gegenseitig beeinflusst. Ich hatte geschrieben, dass die päpstlichen Schreiber diese Schriften für sich verwandt haben, um dem armen, ungebildeten Volk Angst zu machen und den letzten Heller aus der Tasche zu ziehen. Der Teufel steckt im Detail. Hieronymus kam 347 zur Welt. Da waren alle Geschichten längst geschrieben. Ist es wahr, was in den Evangelien steht? Jesus wusste, warum er nichts aufschrieben ließ. Entweder verstehst Du das oder willst es nicht verstehen. Der Teufel haust so gerne in Ruinen…
Ob ich durcheinander bin, diese Diagnose steht dir nicht zu.
Was du geschrieben hattest und was nicht, kann oben jeder gern nachlesen – unter anderem dies:
„Die Bibelschreiber waren dem Papst untertänig“
Und das ist, ich sage es jetzt mal ganz unverblümt, reine Erfindung. Punktum.
Wo der Teufel haust – nun ja. Jedenfalls ist er dafür bekannt, mit Lügen und Halbwahrheiten hausieren zu gehen.