Ich bin beim Bibellesen über etwas gestoßen: „Wird dem Gottlosen Gnade erwiesen, so lernt er nicht Gerechtigkeit; in dem Land, wo Ordnung herrscht, handelt er verkehrt und sieht nicht die Majestät des Herrn.“ (Jes. 26, 10)
Das ist eine der Stellen, an die man vorüber geht. Vielleicht wundert man sich kurz, aber dann liest man weiter.
Was ist das Land, in dem Ordnung herrscht? Wieso wird das so betont?
Ich persönlich interpretiere es mit Ägypten. In Ägypten wurde die Ma-at betont, das Prinzip der Ordnung und der Gerechtigkeit. Personifiziert wurde dieses Prinzip als Göttin mit einer Straußenfeder auf dem Kopf. Pharao opferte der Ma-at. Er hatte dafür zu sorgen, dass dieses Prinzip umgesetzt wurde. Es hatte in Ägypten Gerechtigkeit und Ordnung zu herrschen. Doch war es so?
Ich bin oft innerlich verwundert, wenn mir Laien etwas über das Alte Ägypten vorschwärmen. Wie toll doch dieses Land war, wie gut organisiert und kulturell auf einem hohen Niveau. Doch sie wissen nicht, was sich so in den beiden Ländern, also Unter- und Oberägypten im Alltag abspielte. Gerechtigkeit gab es nur für einen bestimmten Personenkreis. Es gibt z. B. das „Märchen vom beredten Bauern“. Nach dem geschah einem Bauern Unrecht. Dieser beklagte sich beim Pharao. Der Pharao gab ihm nicht Recht, sondern bestellte ihn immer wieder ein. Der Bauer beherrschte nämlich die „Kunst der schönen Rede“, die am Hof sehr beliebt war. Deswegen ließ der Pharao den Bauern wiederholt seine Sache vortragen. Ohne zu es wissen, war dieser zum Entertainment vom Pharao geworden. Nachdem er genug unterhalten worden war, bekam der Bauer endlich sein Recht zugesprochen.
Anderes Beispiel: Die Ägypter waren fremdenfeindlich. Ihre Gerechtigkeit endete an den Grenzen. War das Gold alle, stellte irgendein Feldherr eine bewaffnete „Expedition“ zusammen, die in Nubien einmarschierte und dann Nachschub aus den Goldminen organisierte.
Für meine Abschlussprüfung bereitete ich einen Text vor, der im Grunde genommen die Gräueltaten eines ägyptischen Heeres “im Land der Beduinen“ schildert. Der Abschnitt endet allen Ernstes mit „Ich wurde gelobt dafür über alle Maßen.“

Von daher sehe ich es kritisch, wenn davon die Rede ist, was für eine tolle Hochkultur das Alte Ägypten doch war.
Gott sah Ägypten auch kritisch: „… in dem Land, wo Ordnung herrscht, handelt er verkehrt und sieht nicht die Majestät des Herrn.“ (Jes. 26, 10)
Doch bevor ich mich darauf ausruhe, dass im Vers um das Alte Ägypten geht, frage ich mich selbst: Sehe ich die Majestät Gottes?
Ich habe viele „Jesus liebt dich!“-Predigten gehört. Aber dass Gott eine Majestät ist, wird selten gepredigt. Bei wortwörtlich aller Liebe: Gott ist immer noch Gott! Er ist König! Er ist der Friedefürst! Er ist allmächtig!
Ein selten zitiertes Gleichnis, in dem es um Nachfolge geht, ist das Gleichnis vom König, der auszieht um mit einem anderen König Krieg zu führen. „Oder welcher König, der ausziehen will, um mit einem anderen König Krieg zu führen, setzt sich nicht zuvor hin und berät, ob er imstande ist, mit zehntausend dem zu begegnen, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt?“ (Lukas 14, 31)
Gott ist ein König mit starker Macht! Wer kann sich Ihm entgegenstellen?
Wer kann sich Ihm entgegenstellen? Sehe ich, siehst du die Majestät des Herrn?
6 Antworten zu „„ …in dem Land, wo Ordnung herrscht,…“ (Jesaja26, 10)”.
Danke für den interessanten Beitrag. Im Alten Testament sind bestimmte Begriffe als Metapher enthalten, so auch das Wort „Ägypten“. Das gilt nicht nur für Worte, sondern auch für Zahlen, sozusagen: Tarot verschlüsselt. So ist „Ägypten“ das Bild für die Welt, das Weltgeschehen.
Gerade im Alten Testament geht es nicht nur um die Herrschaft über andere Stämme und Länder, sondern auch um dem Einfluss andere Götter. Für mich ist Gott viel mehr, als nur eine weltliche Majestät. Er ist schon gar kein strafender Gott, der andere Völker brandschatzt und ausrottet, um Macht zu beweisen. So hat sich jedes barbarische Volk einen noch schlimmeren Gott ausgedacht.
Liebe Grüße, Gisela
Als weltliche Majestät wollte ich Gott nicht darstellen, sondern eben als göttliche Majestät. D. h. aber nicht, dass er ein strafender Gott ist. Ich habe den Eindruck, dass auch hier der Mensch nur schwer die Balance halten kann. Wurde lange Gott als strafender Gott gepredigt, wird er nun, zumindest in vielen Freikirchen als „guter Kumpel“ gepredigt. Ja, ich kann mit Jesus über alles reden und ich muss auch nicht auswendig gelernte Formeln bringen, aber er ist immer noch Gott! Dieser Punkt ist mir wichtig!
Jesus ist Gott? Das war er nicht und hat es abgelehnt, wenn er so gesehen worden ist. Er wusste, der Vater ist größer als er, hatte jedoch eine direkte Verbindung zu ihm. Gott ist in jedem Menschen, nur haben das viele vergessen.
Gott ist ‚einfaltig‘ und nicht, wie von den Kirchen dargestellt ‚dreifaltig‘. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind Eins! So steht es schon im Alten Testament: Gott ist Einer. Das ist mir wichtig!
Kann die „Interpretation“ passen,
daß in Ägypten die falsche, weil heidnische Ornung herrschte?
Die Konsequenz ist ja soweit nicht verkehrt,
haben wir doch einen Herrn der Ordnung, der Prinzipien und der Lebensgesetze.
Richte ich mein Augenmerk jedoch auf das falsche, destruktive Prinzip, dann …
daann kann ich so korrekt, konsequent, akkurat etc. sein, bin ich doch auf dem „falschen Dampfer“.
Es geht also nicht nur um das Umsetzen der Paragraphen, sondern vielmehr und im weiteren Sinne und Schritt um tiefergehendes Erkennen UND eben auch um die Folgsamkeit bei diesem Erkennen samt Umsetzung.
Wünscht sich doch der Herr, das wir in seine „Prinzipien wachsen“ oder andersherum formuliert, daß wir ihm immer ähnlicher werden im Charakter oder „Er in uns wohnen wird“.
Dazu freut er sich über UNSERE Einwilligung, Zustimmung und eben bedingungslose Bejahung (wie wir sie ja auch aus der „weltlichen“ Liebe kennen). Zwingen tut er niemanden, doch die Einladung ist an jedermann und -frau gerichtet.
Danke für den Impuls
und alles Liebe,
Raphael.
Kann es sein, dass du in meinem Kopf rumspazierst? Gerade deine letzten Gedanken ab „Wünscht sich doch der Herr,…“ sind genau die Gedanken, die mich gerade beschäftigen! Danke!
Ich denke, ja, auch die Gegenüberstellung von heidnischer und göttlicher Ordnung passt. Ich finde es nur bezeichnend, dass ausgerechnet das Land, das sich die Gerechtigkeit und Ordnung auf die Fahne schrieb, ziemlich ungerecht mit Fremden und auch Armen umgegangen ist. ( Daher auch meine Vermutung, dass sich Maria und Josef mit den Geschenken der Weisen eingekauft haben.) Ich wollte den Input kurz halten, deswegen bin ich auf diese von dir erwähnte Ebene nicht eingegangen. Ägypten als Gegenbeispiel zieht sich ja durch das ganze AT durch. Man könnte auch fragen „Was ist mein Ägypten? Worauf verlasse ich mich, anstatt auf Gott?“
Ja, es gibt diese Bilder und lehrreichen Parallelen zu „Ägypten“ –
Abram, die Söhne Jakobs … und Josef und Maria samt dem „Kind“,
welche „angewiesen“ durch den Engel nach Ägypten gehen sollten …
Anders herum sagt Jesus Christus uns auch, daß es Sodom und Ägypten besser gehen würde… – als dem (vermeintlich) auserwählten Volk, wenn es nicht endlich die Decke von seinen Augen nehmen würde (oder endlich Augensalbe benutzen würde, wie in Laodicea).
Heißt auch, daß wir noch eine Menge zu lernen und zu verinnerlichen haben,
also in die Tiefe „seiner Prinzipien“ gehen sollten.
Genau das findet sich ja auch in dem immerwährenden Diskurs Jesu mit den Schriftgelehrten und Pharisäern, die m.M.n. nur an den toten Buchstaben sich festhalten, was jedoch nicht heißen soll, daß die Worte und Gebote Jesu (zuvor/aus dem AT) hinfällig geworden sind.
Wie hieß es so schön in der Werbung von Esso (?)?:
Es gibt viel zu tun – packen wir es an!
Wobei es essentiell ist, daß wir uns da vom Herrn führen, unterstützen und helfen lassen.
Wo wir dann wieder zum Thema kommen, welche Ordnung für uns „relevant“ ist …
Alles Liebe,
Raphael.