Freiheit

Freiheit ist der Begriff, der gerade am meisten in den Mund genommen wird. Aber, was ist eigentlich Freiheit? Die meisten würden bestätigen, dass es mehr ist, als das Gegenteil von gefangen sein. In Deutschland zergliedern wir die Freiheit u.a. in Presse-  Meinungs- und Reisefreiheit. Aus der Werbung ist der Slogan “Die Freiheit nehm’ ich mir!” bekannt und Westernhagen singt davon, dass die Freiheit wieder abbestellt wurde. 

Ich persönlich halte Freiheit für einen Mythos. Freiheit, zumindest so, wie wir sie uns vorstellen, gibt es nicht. Es mag sein, dass viele in der westlichen Welt physisch nicht gefangen sind, doch wenn man Abhängigkeit mit Unfreiheit definiert, ist jeder Mensch irgendwo unfrei. Es sind “gesellschaftliche Zwänge” oder man ist gefangen in unguten Beziehungen oder eben Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch innerhalb der Gesellschaft wird es immer Grenzen geben, geben müssen. “Jeder macht, was er will!” ist Anarchie.  

So jagen wir also einem Konstrukt hinterher, das es anscheinend nicht wirklich gibt.  

“Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein. “ heißt es in Johannes 8, 36. Es scheint also nicht nur das Konstrukt zu geben, sondern auch eine wirkliche Freiheit. – Was ist diese Freiheit? Wenige Verse vorher sagt Jesus einen anderen Satz, der genauso bekannt ist: “Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen!” (Johannes 8, 32) Bevor ich hier jetzt anfange, mit Pilatus zu philosophieren, was denn Wahrheit sei (Johannes 18, 38), nehme ich den Satz Jesu “ Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, als nur durch mich!” (Johannes 14, 6), wörtlich. Da bin wieder am Ausgangspunkt: Jesus ist die Wahrheit und er wird mich frei machen.   

Kann ich die Wahrheit vertragen? Kann ich Jesus vertragen? Ich erlebe bei mir immer wieder eine Art Gott-Scheue. Ich weiß, dass Gott mich liebt, ich habe diese Liebe erfahren. Trotzdem merke ich an manchen Tagen, dass es mir schwerfällt, zu Gott zu kommen, zu beten, in der Bibel zu lesen. Es gibt Themen, die ich lieber nicht mit Gott besprechen möchte. Da möchte ich Ihm lieber ausweichen. – “Ihr werdet die Wahrheit erkennen!” – Ich weiß nicht, was im griechischen Original steht. Vielleicht sind damit nicht die vielen Wahrheiten gemeint, das Aufdecken der großen und kleinen (Lebens)Lügen. Vielleicht ist damit die Eine, die große Wahrheit gemeint. Es muss ja eine Wahrheit sein, die jeder erkennen kann. Jesus sprach schließlich nicht zu hoch gelehrten Philosophen.  

Vielleicht ist es schlicht und ergreifend die Wahrheit: “Ich brauche Gott!” – Wenn ich so drüber nachdenke, dann macht dieser Satz frei. Er entmachtet mich! Er entmachtet auch alles andere, was mir wichtig ist oder sich wichtig macht! Ich brauche Gott, weil ich bloß ein Mensch bin, weil ich es nicht alleine schaffe und weil ich ohne Ihn z. B. hilflos einer Regierung ausgeliefert bin, die gerade selbst ziemlich hilflos agiert.  

Ich brauche Gott, weil all’ die guten Vorsätze, all’ die gelobten Besserungen, nicht zu schaffen sind ohne Ihn. Ich brauche Gott, weil es mir schwerfällt, mir selbst auf die Zunge zu beißen, um nicht wieder ungefragt meinen Senf dazuzugeben, um nicht ungeduldig mit den Augen zu rollen, wenn jemand nicht sofort verstanden hat, was ich gerade erklärt habe und um mich nicht zu verteidigen, wenn mich jemand zu Unrecht angreift.  

Mit dem “Ich kann es nicht!” kommt dann das “Ich muss es auch nicht!” in dem Sinne, dass ich es nicht alleine schaffen muss. Es fühlt sich fremd, aber gut an. Einem Gott sich ausliefern, ausgeliefert sein, der die Liebe ist und sich mir im Kreuz Christi selbst hingegeben hat, fühlt sich gut an. 

Es ist eine merkwürdige Freiheit. Sie hat nichts mit den erwähnten Freiheiten zu tun, für die wir notfalls auch kämpfen. Doch bei dieser Freiheit höre ich auf zu kämpfen. Ich merke, wie ich innerlich aufatme, wenn ich drüber nachdenke.  

Ich kann das Thema “Freiheit” nicht in einen Montagsinput reinpressen. Deswegen werde ich die nächsten Wochen mich weiter mit beschäftigen. 

Vielleicht ist es eine gute Idee, im Laufe der Woche sich immer wieder bewusst zu sagen “Ich brauche Gott!” – Mal sehen, was passiert. 

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