
In der heutigen Zeit scheint die Angst allgegenwärtig zu sein. Menschen reagieren über, machen sich über andere lustig, nicht wenige werden aggressiv.
Doch war sie schon vor der Pandemie weit verbreitet. Wie oft höre ich den Satz „Ich habe Angst!“ Oft genug kommen dann gut gemeinte Ratschläge: Man solle in sich hineinhorchen, wovor man genau Angst habe und man solle seine Angst doch überwinden, sich ihr stellen… Schnell gesagt und schwer umgesetzt!
Als jemand zu mir sagte „Ich habe Angst vor dir!“ war ich verletzt. Ich ging in mich. Womit habe ich diese Angst ausgelöst? Was habe ich denn Angsteinflößendes getan? Als ich die Person darauf ansprach, stellte sich heraus, dass sie generell Angst vor Menschen hat. Dazu kam ein begeistertes auf die Schenkel-Klopfen, das sie zusammenzucken ließ. Hätte sie mir das nicht gleich sagen können? Sollte ich jetzt anfangen, auf Zehenspitzen zu schleichen? Mich zurücknehmen, damit sie keine Angst mehr hat?
Nachdem ich ein wenig darüber nachgedacht habe, beschloss ich, mich in diesem Punkt nicht zu ändern. Ich werde nicht leise werden, meine Psychomotorik reduzieren. Mir ist nämlich etwas aufgefallen: Sie benutzte ihre Angst als Waffe.
Sie erwartete, dass ich auf ihre Angst Rücksicht nehme, dass sie aber mich verletzen könnte, wenn sie mir sagt, dass sie Angst vor mir hat, kam ihr nicht in den Sinn.
Ich weiß sehr gut, was Angst ist. Ich versuche, mir Strategien auszudenken, damit meine Ängste mich nicht beherrschen. Doch manchmal helfen diese nicht. Vor kurzem merkte ich, dass ich an einem Punkt nicht weiterkam. Da fiel mir auf, dass ich mich an die Angst gewöhnt hatte. Sie war so fest in meinem Leben verankert, dass ich sie nicht mehr hinterfragte.
Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich selbst die Angst als Schutzschild benutzt habe. Sie war mein Schutzschild gegenüber Gott. Dieses Schild hinderte mich daran, einen weiteren Schritt im Vertrauen zu gehen. Was wäre, wenn ich die Angst losließe? Was hätte ich denn noch in der Hand? Erstaunt stellte ich fest: Nichts!
Wenn ich Gott jetzt vertraue, passiert vielleicht etwas Neues, etwas, was mich überrascht. Halte ich an meiner Angst fest, bleibt alles beim Alten.
Kaum war mir das bewusst, fiel es mir plötzlich leicht, die Angst an Gott zu abzugeben und Ihm mehr zu vertrauen.
Manchmal ist es nicht nur nötig, das Schwert fallen zu lassen, sondern auch das Schild. Denn dann kann Gott mich schützen. Ich werde mit dem Psalmisten beten können: „Du bist mein Schutz und mein Schild.“ (Psalm 119,114)
Amen.