
Meine Freundin hat mir Rosen aus dem Garten geschenkt. Sie dufteten sehr. Ich habe sie in eine Vase gestellt. Sie war nicht in meinem Blickwinkel, aber jedes Mal, wenn ich vorbeiging, kam mir der Duft entgegen. Nun sind sie verblüht. Ich mag sie gar nicht wegschmeißen, denn sie duften immer noch.
Da fällt mir ein, dass ich als Kind ein Kinderbuch meiner Mutter gelesen habe „Christine sucht den lieben Gott“, eine Flüchtlingsgeschichte. U. a. erzählte der Autor, dass sie abends von Oma erst später abgeholt wurde. So beobachtete sie, wie die Freundin im Bett die Hände faltete und betete „Lieber Gott mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm‘!“ Nachdem ich das gelesen habe, machte ich das genauso. Ich betete dieses Gebet jeden Abend. Das hat mir keiner gesagt. Ich habe es einfach gemacht. Ich denke, dass Gott dieses Gebet ernst genommen hat. Denn etliche Jahre später habe ich mich dafür entschieden, Ihm nachzufolgen.
Der Autor war schon einige Jahre tot, als ich das Buch las. Er ist wie diese Rosen: verwelkt und doch „duftet“ er noch.
Wir wissen nicht, welch kleine Gesten für Andere wichtig sind. Mir ist es vor kurzem so gegangen. In der Heimat hatte ich das Gefühl, nichts tun zu können. Jedenfalls nichts Wichtiges. Das Einzige, was mir einfiel, war, einer Bekannten eine selbstgemalte Karte zu schreiben, auf der ich noch eine Bibelstelle geschrieben habe.
So jammerte ich Gott etwas vor. Ich fühlte mich nutzlos. Einen Tag später bekam ich eine Antwort von der Bekannten. Sie hat den Vers nachgeschlagen und mehrmals abgeschrieben und dann hat sie ihn an Obdachlose verteilt. Ich war sprachlos. Das hatte ich nicht gedacht! So kann Gott Kleinigkeiten gebrauchen, die wir selbst als „nicht wichtig“ einstufen. Vielleicht trägt ein kleines Samenkorn erst Jahre später Früchte. Etwas, was wir nebenbei gesagt haben, eine kleine Hilfe. Wir selbst haben es längst vergessen, vielleicht schon lange keinen Kontakt mehr zu diesem Menschen, aber er erinnert sich daran.
Ich möchte jetzt Ausschau halten nach den Kleinigkeiten, die ich tun kann. Nicht jeder ist dazu berufen, vor 20 000 Leuten zu predigen. Aber ein Bibelvers auf einer Karte oder das Angebot, für jemanden zu beten in seinem Kummer, ein Anruf im richtigen Moment – all das kann wie der Duft einer Rose sein!