War Maria demütig?

(Wieder entschuldige ich mich im Voraus bei meinen kostbaren katholischen Geschwistern. Ich rede hier von Dingen, die ich persönlich mitbekommen habe. Zugegeben als Außenstehende. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit mit einem Katholiken bei einem Kakao zu philosophieren.)
Maria wird gerne als demütig, im Sinne von unterwürfig, dargestellt. Sie sei das Urbild der Frau, die sich ihrem Mann unterordnet und auch sonst habe sie brav das gemacht, was man ihr gesagt habe.
Ich schaue mir mal die Texte in der Bibel an: In Lukas 2, 41 bis 52. Es ist die Geschichte vom zwölfjährigen Jesus im Tempel. In Vers 48 lese ich „…und seine Mutter sprach zu ihm: Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht!“
Maria macht sich Sorgen und ja, sie schimpft mit ihm. In der Volxbibel 4.0 ist zu lesen „Seine Eltern waren davon aber nicht so begeistert. ‚Junge, wie konntest du deiner Mutter so was antun? Wir haben dich überall gesucht!‘, sagte Maria vorwurfsvoll.“ Ich finde, das Team um Martin Dreyer hat den richtigen Ton getroffen. Maria redet hier nicht unterwürfig, sondern fordert das ein, was ihr nach 5. Mose 5, 16 („Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren,…“) zusteht. Jesus soll sie ehren, indem er ihr gehorcht und nicht einfach weglaufen.
Die nächste Stelle finde ich in Johannes 2, 1 bis 11. Hier ist von der Hochzeit in Kana die Rede.
Als Maria mitbekommt, dass der Wein ausgegangen ist, erzählt sie es Jesus. Seine Antwort in Vers 4 klingt ziemlich schroff:“ „Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ – Diese Aussage wird als Beweis dafür gedeutet, dass der erwachsene Jesus sich in Öffentlichkeit von seiner Mutter abgrenzt, sich abgrenzen muss. Sie reagiert nicht verletzt. Sie fordert nur die Diener auf „Was er euch sagt, das tut.“ (Vers 5) Deswegen wird sie oft als Wegweiserin, als die, die zu Jesus führt, verstanden.
Auch hier lese ich keine Unterwürfigkeit ihrerseits heraus.
Demütig war sie Gott gegenüber. In Lukas 1, 38 sagt sie zum Engel Gabriel „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort!…“
Doch vor Menschen beugt sie sich nicht. Sie nimmt den Platz einer Mutter im Alten Israel ein.
Sie sorgt dafür, dass Jesus seinen Platz einnimmt. Wäre Jesus ein König gewesen, wie die Menschen es sich vorgestellt haben, dann hätte sie bei der Krönung Jesus die Krone aufgesetzt.
Das scheint auch so ein Geheimnis beim christlichen Glauben zu sein: Wer vor Gott kniet, kann vor Menschen gerade stehen.
Ich denke, das ist genau das, wodurch ich all die „harten“ Forderungen erfüllen kann, wie z. B. den anderen höher achten, als mich selbst oder für meine Feinde zu beten: Wenn mir bewusst ist, welchen Platz Gott für mich hat und diesen auch einnehme, dann kann ich mich vor Menschen auch zurücknehmen. Die Zacken aus meiner Krone als Königskind, als Gotteskind können nicht rausbrechen. Diese Würde nimmt mir keiner, selbst dann nicht, wenn ich den anderen höher achte, als mich selbst.