Maria Verkündigung

(Meine kostbaren katholischen Geschwister bitte ich schon vorab um Entschuldigung. Mir als evangelische Christin sind nur die Bibelstellen in denen Maria erwähnt wird, bekannt. Weitere Schriften über sie kenne ich nicht.)
Jetzt in der Adventszeit rückt wieder eine Person in den Mittelpunkt, die im evangelischen Kosmos schnell vergessen wird: Maria. Pastoren stricken mal eben schnell eine Predigt über sie zusammen: junge Frau aus einfachen Verhältnissen bekommt gesagt, dass sie den Retter der Welt gebären wird, sie reagiert darauf sehr demütig und ordnet sich schicksalsergeben später ihrem eigenen Sohn unter. Darauf ein kräftiges „Amen!“ und der Punsch kann beim anschließenden Kirchenkaffee fließen.
Doch halt! Seitdem ich merkwürdige Erfahrungen mit Predigern gemacht habe, lautet mein Credo „Selber lesen! Selber denken! Selber glauben!“
Deswegen mache ich mich auf die Suche. Was erfahre ich, jenseits von Predigten, über Maria?
Ich beginne mit Maria Verkündigung. Auf der Suche nach Parallelstellen fällt mir sofort die Erzählung von Abram und Sarai ein. Der Engel des Herrn sagte Abram zu, dass er eigene Nachkommen haben wird. (1. Mose 15,4)
Im Lukasevangelium wiederum wird erzählt, dass Zacharias im Tempel der Engel Gabriel erscheint. Dieser verkündet ihm, dass seine Frau Elisabeth schwanger werden wird. (Lukas 1,5 – 20)
Es gibt bei beiden Geschichten mehrere Gemeinsamkeiten: Beide Paare, Abram und Sarai und Elisabeth und Zacharias, sind bereits alt und sie haben keine Kinder. In beiden Erzählungen erscheint der Engel dem Ehemann und nicht der Frau, die eigentlich direkt betroffen ist. Sarai und Zacharias reagieren jeweils mit Unglauben.
So weit, so gut. Nun zu Maria Verkündigung (Lukas 1, 26 – 38). Es gibt einen Unterschied: Gabriel erscheint Maria persönlich! Nicht ihrem Verlobten Josef, nicht ihrem Vater.
Noch ein Unterschied, ein wesentlicher: Sarai und Elisabeth hatten eine Not. Sie waren kinderlos geblieben und das wurde im Alten Israel als Makel angesehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie Gott des Öfteren um Nachwuchs angefleht haben.
Für Maria war die Welt in Ordnung. Sie war jung und sicher auch attraktiv, denn sie war verlobt. (Nirgendwo in der Bibel steht, dass Josef alt war.) Die Zukunft sah für sie rosig aus – und dann kam der Engel. Er sagte ihr nicht, dass ihr Flehen endlich erhört wurde und sie nach langen Jahren endlich schwanger werden würde. Es war nicht eine persönliche Not, der Gott begegnete, sondern die Zusage, dass eine Verheißung für das Volk Israel endlich erfüllt werden würde.
So sind die erwähnten Erzählungen von Abram und Zacharias eben keine Parallelstellen! Parallelstellen zu diesem Text wären z. B. 2. Mose 3, 1bis 4,17 und Jesaja 6, 1 – 13. Ähnlich wie Mose und Jesaja wird Maria berufen! Die Berufung bestand nicht in der angekündigten Schwangerschaft. Ihre Berufung war nichts Geringeres, als dass sie den ersehnten Messias auf die Welt bringen würde.
Mose führte die Hebräer ins gelobte Land. Jesaja sollte das Volk dazu bringen, dass es zu Gott umkehrt.
Durch Maria wurde der Retter der Welt sichtbar. Durch sie wurde der Sohn Gottes erzogen. Durch sie wurde Er in seine Berufung eingeführt. (Das wird jetzt schwierig. Ich möchte deswegen in einem weiteren Input darauf eingehen.)
Es gibt viele Berufungsgeschichten in der Bibel. Propheten werden berufen, Könige gesalbt und Apostel zu Völkern gesandt. Aber die größte Berufung und damit die schwerste Last, bekommt eine Frau! Ausgerechnet eine Frau! Ausgerechnet ein Mensch, der zu einer Gruppe gehört, die bis heute unterdrückt wird.
Einen spannenden Gedanken – Pfad habe ich da betreten. Ich möchte weiter über das Thema Berufung nachdenken. Auch finde ich es interessant, wie Maria auf diese Berufung reagiert. Ist sie wirklich so demütig, wie es gerne von der Kanzel herunter gepredigt wird? Damit werde ich mich im nächsten Input auseinandersetzen. Jenseits der Verkrustungen durch Predigten und Dogmen werde ich mich weiter dieser Frau annähern, die mir noch sehr unbekannt ist.
Bin gespannt, was dabei herauskommt. Ihr auch?