Aus aktuellem Anlass poste ich hier mal ein paar Hintergrundinfos zu meinen koptischen Geschwistern: Die Kopten oder präziser, die koptisch-orthodoxen Gläubigen haben ihre Wurzeln in Ägypten. Die frisch, laut ihrer Legende von Markus gegründete Gemeinde, lehnte die Hieroglyphen als heidnische Schrift ab und entwickelte eine eigene Schrift aus griechischen Buchstaben und fünf weiteren Schriftzeichen. (Ich habe mal meine Prüfungsaufgabe angehängt.)Die gesprochene Sprache dagegen ist die jüngste Sprachstufe des Ägyptischen. Diese Sprache wird gerade wiederbelebt. So wird z. B. durch das Team des Ägyptologen Prof. Rainer Hannig die Bibel neu ins Koptische übersetzt. Die Kopten sind eigenständig d. h. sie ordnen sich nicht der katholischen Kirche unter, sondern haben einen eigenes Oberhaupt. Z. Zt. ist das Bischof Tawadros II.
Was sicher nur wenige wissen: Es gibt auch eine kleine koptische Gemeinde in Deutschland. Vor einigen Jahren hatte ich die Ehre, Bischof Damian, deren Oberhaupt im Kloster Brenkhausen kennen zu lernen. Ich habe bisher selten so einen freundlichen und demütigen Menschen erlebt. Mit Hingabe buk er die Oblaten für das Abendmahl. Er erlaubte einem Studenten einen Psalm auf koptisch während des Gottesdienstes vorzulesen, obwohl das nur ausgewählten Gemeinde-Mitgliedern vorbehalten ist. Er schenkte jedem Tagungsbesucher ein koptisches Kreuz am Lederband. Ich erlebte einen schönen liturgischen Gottesdienst. Obwohl ich nicht viel verstand, fühlte ich mich willkommen. Meine koptischen Geschwister nehmen ihren Glauben sehr ernst und lassen sich das Kreuz auf das Handgelenk tätowieren. Sie können und wollen sich nicht verstecken.
Am vergangenen Sonntag sind sie erneut angegriffen worden. Man spricht von 40 Toten! Was mich verwundert: zwar schreibt eine Kollegin, also Ägyptologin auf ihrem Profil und antwortet auf einen Kommentar, dass sie für die Kopten und Ägypten beten wird, aber bei christlichen Geschwistern habe ich kaum etwas von Betroffenheit gelesen. Vielleicht zeigt mir fb nicht alles an und vielleicht habe ich nicht genug runter gescrollt, aber ich vermisse die Gebetsaufrufe. Ich vermisse die Profilbilder in ägyptischen Farben, das vorübergehende Profilbild in Form eines koptischen Kreuzes. Woran liegt das? Zuviele Anschläge in letzter Zeit? Zu wenig Zeit fürs Gebet? Oder fehlt uns Christen das Bewusstsein, dass es unsere Geschwister sind? Oder ist die Kultur einfach zu fremd?
Ich bin jetzt mal ein wenig, nun ja, böse.Ich habe mir die Freiheit genommen, ein Gedicht von Martin Niemöller umzudichten: „Als der IS die Kopten tötete, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kopte. Als sie die Katholiken erhängten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Katholik. Als sie die Protestanten enthaupteten, habe ich nicht protestiert, ich war ja kein Protestant. Als sie mich bedrohten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“ Das Wenigste, was wir tun können, ist beten. Vielleicht ist aber auch dran, sich mal mit den Kopten zu beschäftigen, das Kloster zu besuchen ( z. B.am „Tag der Ägyptologie“), Solidarität zeigen via fb usw. Ich wünsche eine nachdenkliche Nacht.