Faszination Ägypten

Vielleicht fällt es nur mir als Ägyptologin auf, dass im Alten Testament regelmäßig von Ägypten die Rede ist: Abraham und die Familie Jakobs ziehen nach Ägypten und auch Jahrhunderte nach dem erfolgtem Auszug sucht Israel Schutz beim „Schwarzen Land“ – Kemet, wie die Ägypter ihr Land nannten. Ob nun bei Jesaja oder bei Hesekiel – ständig wird Israel davor gewarnt, nach Ägypten zu gehen oder einen Bund mit ihm einzugehen. Die Propheten weissagen gegen Ägypten. Das Land scheint attraktiv gewesen zu sein. – Auch heute ist das noch so: Kein Sommerloch, das nicht mit Ägypten gefüllt wurde und die Dokumentationen über diese Kultur werden gefühlt in Dauerschleife gesendet. Zu meinem Leidwesen fühlt sich auch so mancher Journalist berufen, ein Buch darüber zu schreiben. Kein Archäologe käme auf die Idee mal eben ein Anatomiebuch zu schreiben! Aber was genau macht die Faszination für diese Kultur aus? Es gab die Babylonier, die Römer, die Kelten, die Assyrier – doch für viele ist das Land am Nil am spannendsten. Vielleicht sind es die Pyramiden, die so faszinieren und die wohl auch schon die Hebräer gesehen haben. Vielleicht war es der gut organisierte Staat, ein König über 2 Länder, der ihnen imponiert hat? Oder aber der Umstand, dass Ägypten, bedingt durch seine geographische Lage, so schnell nicht angreifbar war? Obwohl es dem Volk definitiv nicht gut ging in diesem Land, versuchten sie immer wieder dorthin zurück zu gelangen. Zuletzt flüchtete die Heilige Familie dorthin. – Doch machen wir es nicht genauso? Gott hat uns aus unserer Schuld herausgeführt, uns von unserer Sünde befreit, doch wir liebäugeln immer mla wieder damit. Diese kleinen Versuchungen, diese gewisse Sehnsucht zurück. Mit den Freunden von früher ein bisschen Spaß haben – und dann am nächsten Morgen verkatert aufwachen und erschrocken feststellen, dass die „Freunde“ Fotos von dir, auf denen du betrunken bist, bei Facebook gepostet haben. Oder wenn es einem schlecht geht, dann doch lieber zum EX rennen und sich bei ihm ausheulen. Blöd nur, dass man fast automatisch im Bett landet – ja, es wäre besser gewesen zu beten, statt zum Hörer zu greifen – aber irgendwie ist das die gewohnte Reaktion. Da denkt man nicht weiter drüber nach, ist ein Automatismus! Mühsam erst lernt man, sich anders zu entscheiden. – Deswegen ist es für mich nur allzu verständlich, dass Israel regelmäßig Hilfe bei Ägypten suchte. Sie waren einfach noch zu fasziniert davon. Wovon bist du noch fasziniert? Was ist dein Ägypten?

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